Die kleinen Wilden machen sich breit

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Auf dem Rhein-Burgen-Weg: Ein größeres Vorkommen an Schneeglöckchen verzückt Wanderer.

Neulich bei einer Wanderung auf dem Rhein-Burgen-Weg zwischen Rheineck und Brohl geriet eine Gruppe Wanderer in Verzückung: Eine große Ansammlung blühender Schneeglöckchen verführte erwachsene Menschen, sich auf dem Bauch ins nasse Gras zu legen, um einen möglichst schönes Foto von den Zwergblüten zu bekommen. Schneeglöckchen (Galanthus) gehören wie auch Krokusse (Crocus), Blausterne (Scilla), Winterlinge (Eranthis) und Osterglocken (Narcissus) zu den Frühjahrsblühern, die sich am richtigen Standort über die Jahre ohne Pflege immer weiter ausbreiten.

36 Arten gelten laut einer Untersuchung des Instituts für Ökologie der TU Berlin in Mitteleuropa als Stinzenpflanzen. Drei Viertel von ihnen sind Frühblüher mit Zwiebeln oder Knollen, die die Zeit vor dem Laubaustrieb der Bäume nutzen. „Stinzenplanten“ (deutsch: Stinsenpflanzen) heißen die kleinen Wilden auf Niederländisch. Der Name verweist auf das friesische Wort Stins („Haus aus Stein“) und nimmt damit Bezug auf ihr Vorkommen an alten Gebäuden.

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Neulich in Flandern: Der belgische Gartendesigner Chris Ghyselen hat in seinem Garten in Oostveld vorgemacht, wie sich Frühjahrsblüher einsetzen lassen.

Denn neu sind verwildernde Blumenzwiebeln nicht, ganz im Gegenteil. Schon im 16. Jahrhundert wurden sie von Botanikern und Abenteurern wie Charles de l’Écluse nach Nordwest-Europa gebracht und in Gärten und Parks von Landsitzen, rund um Schlösser, Kirchen und Klöster gepflanzt. Die Massenblüte von Krokussen (Crocus napolitanus) im Park des Husumer Schlosses, von Nickendem Milchstern (Ornithogalum nutans) im Park des Schlosses Paretz, das Blaue Wunder durch Blausterne (Scilla siberica) auf dem Bergfriedhof in Hannover-Linden oder die Schneeglöckchenteppiche in alten Parks zeugen noch heute davon.

Doch auch im eigenen Garten machen sich die kleinen Wilden insbesondere als Frühlingsboten gut. Sie bringen Blüten in die Beete, bevor die Gehölze, Stauden und Gräser austreiben. Eine besonders große Auswahl an verwildernden Pflanzen hat übrigens eine kleine Familiengärtnerei im niederländischen Laag Keppel mit dem Namen „De Warrande“. Der Garten ist im Frühling einen Ausflug wert, die Besichtigungstermine im April sind am 16./17., 22./23., sowie 29./30. Im Mais ist am 7.5. und 14.5. geöffnet. Wer lieber Frühjahrsblüher in Profiqualität lieber bestellen möchte, es gibt auch einen Onlineshop.

Einer von Deutschlands besten Gartengestaltern lädt in sein privates Refugium

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Durch die naturnahe und nachhaltige Gestaltung hat der Privatgarten von Peter Berg Vorbildfunktion.

Seit mehr als 20 Jahren bearbeitet einer der besten Gartengestalter des Landes einen ehemaligen Weinberg in Sinzig-Westum (Rheinland-Pfalz). Nun öffnet Peter Berg, der 2011 den TASPO-Award in der Sparte Gartendesign gewann, sein privates Refugium für Gäste.  An zwei Sonntagen, 26. Mai und 23. Juni 2013, führen Peter Berg und sein Sohn Daniel im Rahmen der „Offenen Gartenpforte Bonn und Region“ jeweils ab 11 Uhr sowie ab 14 Uhr über das 1.200 Quadratmeter große Grundstück. Dabei erklären die Landschaftsgärtner das Terrassen-Konzept mit blühenden Stauden, Gräsern und Gehölzen im Wechsel mit Tomaten und Salat, die von Natursteinmauern in alter Handwerks-Kunst unterteilt sind. In außergewöhnlicher Atmosphäre können die Gäste eine traumhafte Aussicht und Erfrischungen genießen. Geöffnet ist der Garten des Gärtners an den beiden Tagen jeweils von 10 bis 19 Uhr.

Was: Führungen durch den Hanggarten von Peter Berg
Wann: Sonntag, 23. Mai, Sonntag 23. Juni, 11 und 14 Uhr
Wo: Wachtelweg 21, Sinzig-Westum
Auskunft: Telefon 026 42/90 29 70

Ab nächsten Sommer nicht mehr gießen: Wer jetzt seinen Kiesgarten plant, kommt bald ohne Wasser aus

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Blütenpracht in voller Sonne: Ein gelungenes Beispiel aus dem Buch “Kiesgärten – Blütenpracht ohne Gießen” (Gräfe und Unzer) von Berd Hertle.

Die Natur dient als Vorbild für einen neuen Gartentyp: Kiesgärten seien vor allem in trockenen Regionen ökologisch sinnvoll und zugleich attraktiv und modern, sagt Bernd Hertle, Professor für Freilandzierpflanzen an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. „Bei richtiger Pflanzenwahl und optimaler Bodenvorbereitung muss solch ein Garten weder gegossen noch gedüngt werden.“

Boden muss vorbereitet werden

Entstanden sei das Konzept aus der Notwendigkeit heraus, mit Wasser sparsam umzugehen. Um einen Kiesgarten anzulegen reiche es jedoch nicht aus, sich viele Steine in den Garten zu holen. Voraussetzung für das Gelingen sei eine optimale Bodenvorbereitung sowie die Auswahl trockenheitsverträglicher Pflanzen. Nur dann komme der Garten künftig mit trockenen und heißen Sommern und warmen Stadtklima klar. Wenig Sinn machten Kiesgärten hingegen in Gebieten mit viel Regen und fetten Böden. Dort sei es oft zu aufwendig, geeignete Bedingungen zu schaffen.“Statt gegen die Natur zu gärtnern sollte solche Flächen besser mit feuchtigkeitsliebenden Stauden bepflanzt werden“, rät der Gartenbau-Professor.

Wer jedoch einen warmen Standort mit mindestens sechs Stunden Sonne am Tag hat und ihn in einen Kiesgarten verwandeln will, müsse das Areal sorgfältig vorbereiten. „Ist der Boden schwer oder verdichtet sollte er unbedingt 40 Zentimeter tief abgetragen werden“, sagt der Experte, der für seinen Ratgeber über Kiesgärtenvergangenes Jahr mit dem deutschen Gartenbuchpreis ausgezeichnet wurde. Ist die oberste Erdschicht entfernt, müsse der Unterboden möglichst tiefgründig gelockert werden. „Das ist wichtig, damit später keine Staunässe entsteht und den Pflanzen schadet“, sagt Hertle.Als neues Substrat werden anschließend ungefähr fünf Teile Split mit einem Teil Kompost vermischt und auf der vorbereiteten Fläche verteilt.

Breites Sortiment steht zur Verfügung

Dann kann gepflanzt werden. Wer Sorge habe, künftig auf eine steinige, monoton bewachsene Fläche zu schauen, den könne er beruhigen. „Es steht ein ganzes Potpourri an geeigneten Gehölzen, Stauden, Gräser sowie Zwiebel- und Knollenpflanzen zur Verfügung“, sagt der Fachmann. Je nach Geschmack könnten Kiesgärten schlicht und elegant mit nur wenigen Arten bepflanzt werden oder aber eine Blumenwiese mit den unterschiedlichsten Farben, Formen und Texturen geschaffen werden, das an ein impressionistisches Gemälde erinnere.

Ideale Eigenschaften brächten Halbsträucher aus dem Mittelmeerraum mit. „Lavendel, Thymian, Wermut, Salbei und Rosmarin drängen sich für die Pflanzung in Kiesgärten geradezu auf“, sagt Hertle. Sie duften zudem gut und sehen durch ihre runde Wuchsform auch im Winter schön aus, sagt Cassian Schmidt, Leiter des Schau- und Sichtungsgarten Hermannshof in Weinheim. Genauso gut geeignet seien Stauden aus den Steppen Südeuropas und Asiens sowie der Kurzgras-Prärie Nordamerikas. Auch ihnen gelinge das Kunststück, trotz Wassermangels und magerer Böden Jahr für Jahr ihre Pracht zu entfalten, berichtet der Professor für Pflanzenverwendung an der Hochschule RheinMain. Diese stressresistenten Sorten kämen auf durchlässigen Böden genauso mit trockenen heißen, wie auch mit etwas feuchteren Sommern zurecht. Auch Frost vertragen sie gut. „Zudem sind Präriestauden langlebig, unkompliziert und fast pflegefrei“, erklärt Schmidt.

Pflegeaufwand ist gering

Im Sichtungsgarten Hermanshof hätten er und seine Kollegen ermittelt, dass es etwa fünf Minuten pro Quadratmeter und Jahr an Arbeitszeit bedarf, um einen Kiesgarten mit Präriestauden zu pflegen. Eine englische Blumenrabatte benötige im Vergleich dazu etwa 30 bis 40 Minuten Pflegezeit. „Hinzu kommt da noch das regelmäßige Gießen.“ Als gut geeignet für deutsche Bedingungen erwiesen haben sich nach Schmidts Erfahrung niedrige Gräser wie Kleines Präriegras(Schizachyrium), Haarschoten- und Moskitogras (Bouteloua), Mexikanisches Federgras (Nassella) sowie Prärie-Tropfengras (Sporobolus). Als Blühpflanzen empfiehlt der Schaugarten-Leiter unter anderem Mädchenauge (Coreopsis verticillata), Gelben Scheinsonnenhut (Echinacea paradoxa), Tennessee-Scheinsonnehut(Echinacea tennesseensis ’Rocky Top’)a Minzblättrige Indianernessel (Monarda mentifolia), Indigolupine (Baptisia) und Prärie-Wildaster (Aster oblongifolius). „Wichtig ist für einen Prärie-Kiesgarten die Pflanzen nicht zu dicht zu setzen, also nicht mehr als fünf bis sieben pro Quadratmeter“, rät Schmidt. So entstehe eine lockere Pflanzung die an eine Blumenwiese erinnere.

Der Hermannshof hat Kombinationen von bewährten Pflanzengemeinschaften auch für Privatgärten zusammengestellt, deren Arten über Jahre nebeneinander wachsen ohne sich zu verdrängen. „Stirbt einmal eine Pflanze sind die Mischungen so konzipiert, dass sich die Lücke aus Samen selbst repariert.“ Listen der Weinheimer Präriemischungen sind auf der Internetseite des Bundes deutscher Staudengärtner zu finden. „Dort stehen auch die Adressen von Gärtnereien, die geeignete Präriepflanzen im Angebot haben und Gartenbesitzer fachkundig beraten können.“

Mit den richtigen Pflanzen Insekten anlocken

Schmetterlinge, Bienen und Hummeln fühlen sich auch in sonnigen, trockenen Kiesgärten wohl. „Durch geschickte Pflanzenauswahl wird der Garte zum Insekten-Magnet“, sagt Hertle. Die Schmetterlings-ArtenTagpfauenauge und Admiral besuchen neben dem bekannten Schmetterlingsstrauch auch Igelkopf, Berg-Astern und Fetthennen als Nahrungsquelle. Der Nachtfalter Taubenschwänzchen umschwärmt die Spornblume. Bienen, Hummeln und Schwebfliegen finden zudem Nahrung an den den Stauden Dost, Thymian, Lavendel, Katzen- und Bergminze.

Literaturtipp: Bernd Hertle: „Kiesgärten – Blütenpracht ohne Gießen“, Gräfe und Unzer, 2010, 19,99 Euro, ISBN: 978-3833819711.

Sichtungsgarten Hermannshof: Babostraße 5, 69469 Weinheim / Bergstraße. Geöffnet Montag bis Freitag, 10:00 bis 16:00 Uhr.

Die Kolumne: Hier wird der Zahnarzt zum Winzer – oder warum Laien süße Trauben ernten

Weinlese in Brey am Rhein: Die Ernte ist üppig und die Trauben zuckersüß.

Landleben kommt immer mehr in Mode. Das zeigt sich an beliebten Zeitschriften wie LandLust, Liebes Land, Mein schöne Land und Land Idee. Das zeigt sich auch in Brey am Rhein, kurz vor Koblenz. Als dort der letzte Winzer aufhörte, wollte das eine Hand voll Weinliebhaber im Ort nicht hinnehmen. Südhanglage und Schieferboden in mildem Mittelrhein-Klima dürfen nicht brach liegen. So gründete sich 2005 die Weinbruderschaft Breyer Hämmchen. Das Grundstück gab es von der Gemeinde, Geld von traditionsbewussten Sponsoren. Sechs Jahre später werden dort 4300 Riesling-Stöcke von Laien gehegt und gepflegt. Ärzte sind dabei, Politiker, Lehrer aber auch Bauern. Immer Samstags arbeiten sie gemeinsam in der Natur, beschneiden, ziehen und jäten. Gerade war der spannendste Tag des Weinjahres: Die Hobby-Winzer griffen zur Schere und lasen bei 35 bis 50 Prozent Gefälle und strahlender Sonne die beste Ernte in der Geschichte des Vereins. Der Jahrgang 2011 ist üppig, die Trauben sind zuckersüß. Jetzt übernimmt Florian Weingart, Winzer aus Spay, die Kellerarbeiten. Vielleicht wird dieser Riesling die 2010er Auslese übertreffen, immerhin ausgezeichnet mit der Goldenen Kammerpreismünze. Aber wie es auch kommt, die Hobby-Winzer freuen sich auf den abgefüllten Lohn ihres sinnvollen Freizeitvergnügens. Denn so macht die Rückbesinnung auf Tradition und Landleben nicht nur Spaß, sondern auch Sinn. Zum Wohl!