Ab nächsten Sommer nicht mehr gießen: Wer jetzt seinen Kiesgarten plant, kommt bald ohne Wasser aus

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Blütenpracht in voller Sonne: Ein gelungenes Beispiel aus dem Buch “Kiesgärten – Blütenpracht ohne Gießen” (Gräfe und Unzer) von Berd Hertle.

Die Natur dient als Vorbild für einen neuen Gartentyp: Kiesgärten seien vor allem in trockenen Regionen ökologisch sinnvoll und zugleich attraktiv und modern, sagt Bernd Hertle, Professor für Freilandzierpflanzen an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. „Bei richtiger Pflanzenwahl und optimaler Bodenvorbereitung muss solch ein Garten weder gegossen noch gedüngt werden.“

Boden muss vorbereitet werden

Entstanden sei das Konzept aus der Notwendigkeit heraus, mit Wasser sparsam umzugehen. Um einen Kiesgarten anzulegen reiche es jedoch nicht aus, sich viele Steine in den Garten zu holen. Voraussetzung für das Gelingen sei eine optimale Bodenvorbereitung sowie die Auswahl trockenheitsverträglicher Pflanzen. Nur dann komme der Garten künftig mit trockenen und heißen Sommern und warmen Stadtklima klar. Wenig Sinn machten Kiesgärten hingegen in Gebieten mit viel Regen und fetten Böden. Dort sei es oft zu aufwendig, geeignete Bedingungen zu schaffen.“Statt gegen die Natur zu gärtnern sollte solche Flächen besser mit feuchtigkeitsliebenden Stauden bepflanzt werden“, rät der Gartenbau-Professor.

Wer jedoch einen warmen Standort mit mindestens sechs Stunden Sonne am Tag hat und ihn in einen Kiesgarten verwandeln will, müsse das Areal sorgfältig vorbereiten. „Ist der Boden schwer oder verdichtet sollte er unbedingt 40 Zentimeter tief abgetragen werden“, sagt der Experte, der für seinen Ratgeber über Kiesgärtenvergangenes Jahr mit dem deutschen Gartenbuchpreis ausgezeichnet wurde. Ist die oberste Erdschicht entfernt, müsse der Unterboden möglichst tiefgründig gelockert werden. „Das ist wichtig, damit später keine Staunässe entsteht und den Pflanzen schadet“, sagt Hertle.Als neues Substrat werden anschließend ungefähr fünf Teile Split mit einem Teil Kompost vermischt und auf der vorbereiteten Fläche verteilt.

Breites Sortiment steht zur Verfügung

Dann kann gepflanzt werden. Wer Sorge habe, künftig auf eine steinige, monoton bewachsene Fläche zu schauen, den könne er beruhigen. „Es steht ein ganzes Potpourri an geeigneten Gehölzen, Stauden, Gräser sowie Zwiebel- und Knollenpflanzen zur Verfügung“, sagt der Fachmann. Je nach Geschmack könnten Kiesgärten schlicht und elegant mit nur wenigen Arten bepflanzt werden oder aber eine Blumenwiese mit den unterschiedlichsten Farben, Formen und Texturen geschaffen werden, das an ein impressionistisches Gemälde erinnere.

Ideale Eigenschaften brächten Halbsträucher aus dem Mittelmeerraum mit. „Lavendel, Thymian, Wermut, Salbei und Rosmarin drängen sich für die Pflanzung in Kiesgärten geradezu auf“, sagt Hertle. Sie duften zudem gut und sehen durch ihre runde Wuchsform auch im Winter schön aus, sagt Cassian Schmidt, Leiter des Schau- und Sichtungsgarten Hermannshof in Weinheim. Genauso gut geeignet seien Stauden aus den Steppen Südeuropas und Asiens sowie der Kurzgras-Prärie Nordamerikas. Auch ihnen gelinge das Kunststück, trotz Wassermangels und magerer Böden Jahr für Jahr ihre Pracht zu entfalten, berichtet der Professor für Pflanzenverwendung an der Hochschule RheinMain. Diese stressresistenten Sorten kämen auf durchlässigen Böden genauso mit trockenen heißen, wie auch mit etwas feuchteren Sommern zurecht. Auch Frost vertragen sie gut. „Zudem sind Präriestauden langlebig, unkompliziert und fast pflegefrei“, erklärt Schmidt.

Pflegeaufwand ist gering

Im Sichtungsgarten Hermanshof hätten er und seine Kollegen ermittelt, dass es etwa fünf Minuten pro Quadratmeter und Jahr an Arbeitszeit bedarf, um einen Kiesgarten mit Präriestauden zu pflegen. Eine englische Blumenrabatte benötige im Vergleich dazu etwa 30 bis 40 Minuten Pflegezeit. „Hinzu kommt da noch das regelmäßige Gießen.“ Als gut geeignet für deutsche Bedingungen erwiesen haben sich nach Schmidts Erfahrung niedrige Gräser wie Kleines Präriegras(Schizachyrium), Haarschoten- und Moskitogras (Bouteloua), Mexikanisches Federgras (Nassella) sowie Prärie-Tropfengras (Sporobolus). Als Blühpflanzen empfiehlt der Schaugarten-Leiter unter anderem Mädchenauge (Coreopsis verticillata), Gelben Scheinsonnenhut (Echinacea paradoxa), Tennessee-Scheinsonnehut(Echinacea tennesseensis ’Rocky Top’)a Minzblättrige Indianernessel (Monarda mentifolia), Indigolupine (Baptisia) und Prärie-Wildaster (Aster oblongifolius). „Wichtig ist für einen Prärie-Kiesgarten die Pflanzen nicht zu dicht zu setzen, also nicht mehr als fünf bis sieben pro Quadratmeter“, rät Schmidt. So entstehe eine lockere Pflanzung die an eine Blumenwiese erinnere.

Der Hermannshof hat Kombinationen von bewährten Pflanzengemeinschaften auch für Privatgärten zusammengestellt, deren Arten über Jahre nebeneinander wachsen ohne sich zu verdrängen. „Stirbt einmal eine Pflanze sind die Mischungen so konzipiert, dass sich die Lücke aus Samen selbst repariert.“ Listen der Weinheimer Präriemischungen sind auf der Internetseite des Bundes deutscher Staudengärtner zu finden. „Dort stehen auch die Adressen von Gärtnereien, die geeignete Präriepflanzen im Angebot haben und Gartenbesitzer fachkundig beraten können.“

Mit den richtigen Pflanzen Insekten anlocken

Schmetterlinge, Bienen und Hummeln fühlen sich auch in sonnigen, trockenen Kiesgärten wohl. „Durch geschickte Pflanzenauswahl wird der Garte zum Insekten-Magnet“, sagt Hertle. Die Schmetterlings-ArtenTagpfauenauge und Admiral besuchen neben dem bekannten Schmetterlingsstrauch auch Igelkopf, Berg-Astern und Fetthennen als Nahrungsquelle. Der Nachtfalter Taubenschwänzchen umschwärmt die Spornblume. Bienen, Hummeln und Schwebfliegen finden zudem Nahrung an den den Stauden Dost, Thymian, Lavendel, Katzen- und Bergminze.

Literaturtipp: Bernd Hertle: „Kiesgärten – Blütenpracht ohne Gießen“, Gräfe und Unzer, 2010, 19,99 Euro, ISBN: 978-3833819711.

Sichtungsgarten Hermannshof: Babostraße 5, 69469 Weinheim / Bergstraße. Geöffnet Montag bis Freitag, 10:00 bis 16:00 Uhr.

Oster-Geschenktipps: Die sechs schönsten Gartenbücher im Portrait

Foto aus dem Buch: Bernd Hertl "Kiesgärten", GU Großer Ratgeber.
Foto aus dem Buch: Bernd Hertl "Kiesgärten", GU Großer Ratgeber.

Es grünt: Ich habe die fünf schönsten Ratgeber für kleine und große Gärten, trockene und schattige Standorte heraus gesucht. Und außerdem ein wirklich zauberhaftes Buch über Gartenglück.

Tipp 1: Kontraste dank Stein

Deutschlands bester Gartenratgeber spart eine Menge Wasser – wenn man die Anregungen aus dem Buch „Kiesgärten“ umsetzt. Durch den Klimawandel sollen unsere Sommer immer heißer werden. Wer da einen grünen Garten behalten will, muss kräftig gießen. Oder aber Stauden pflanzen, die Trockenheit vertragen. Wie das aussehen kann, hat Bernd Hertle in seinem großen Ratgeber zusammengetragen, der kürzlich den Deutschen Gartenbuchpreis 2011 gewann. Der Wissenschaftliche Leiter der Gärten an der Hochschule Weihenstephan und Vorstandsmitglied im Bund deutscher Staudengärtner gehört zu den führenden Gartenbau-Experten des Landes. Entsprechend kompetent und schön ist sein neuestes Buch ausgefallen.

Der Kontrast zwischen Steinen und Pflanzen fasziniert die Menschen seit langem. Im Kiesgarten gehen die beiden eine zeitgemäße Allianz ein. Leicht anzulegende Kieswege schlängeln sich durch farbenfrohe Beete mit viele Blüten. Duftende Pflanzen erinnern ans Mittelmeer. Dazwischen sorgen Findlinge, Felsblöcke und Steinmauern für Struktur und Abwechslung. Die Anregungen reichen von Gärten mit klaren Linien bis hin zu wogender Farb- und Formenvielfalt.

Im zweiten Teil des reich bebilderten Buches porträtiert Hertle geeignete Stauden und Sträucher, Gräser und Zwiebelpflanzen mit geringem Wasser- und Düngerbedarf. Und der Experte gibt ein verlockendes Versprechen: Egal, ob Ton in Ton oder mit kräftigem Farbenspiel – einmal angelegt, sind Kiesgärten pflegeleicht und beanspruchen nur wenig Zeit.

Bernd Hertle: „Kiesgärten: Blütenpracht ohne Gießen“. GU Große Ratgeber, 144 Seiten, 19,90 Euro.

Tipp 2: Elegantes Buch für Feingeister

Silberne Edeldiesteln sind wie prickelnder Champagner im Beet, goldene Blüten bringen klaren Rhythmus und sogar belebende Musik in die Pflanzung, und schwarze Blüten verführen subtil mit ihrem Sex-Appeal. Wer die Sprache der Modebranche liebt, den Wortschatz von Klassik-Fans und dazu noch einen Sinn für Ästhetik hat, wird dieses Buch lieben. Es hat die Vorzüge eines klassischen Pflanzenratgebers mit Details wie Wuchshöhe, Blütezeit und Standorttipps ausgesuchter Sorten. Dabei geht das Werk der Biologin und Kölner Gartenbesitzerin Kristin Lammerting aber weit über den gewöhnlichen Gartenwortschatz hinaus. Es spricht von neuen Vermissmeinicht-Sorten als erhellenden Schattenträumen und von silbernen Beeten als superber Gartensymphonie. Zu Recht gewann der fast poetische Ratgeber für mehr Eleganz im Beet die schimmernde Silbermedaille beim Deutschen Gartenbuchpreis 2011.

Kristin Lammerting: „Eleganz im Beet: Pflanzen in Silber, Gold und Schwarz“. Blv-Buchverlag, 128 Seiten, 29,90 Euro.

Tipp 3: Balkonratgeber für Kreative

Amüsant geschrieben und voller ausgefallener Ideen: Die Autorin dieses Buchs ist keine Gärtnerin, sondern Journalistin mit einer Vorliebe für Gartenthemen. Eine sehr kreative, wie dieses Buch mit Gestaltungsideen für den Balkon zeigt. So liest es sich kurzweilig wie eine Gartenzeitschrift oder gar eine gute Frauenzeitschrift. Mit einer Typbestimmung vorweg und tollen Tipps für Naturburschen, Kräuterhexen, Kitschtanten, Puristen und mehr. Für jeden Typ zeigt der Ratgeber die passenden Pflanzen, Möbel und schöne Dekoration zum Kaufen und Selber-Basteln.

Esther Herr: „Mein Balkon: Gestaltungsideen für jeden Typ“. Gräfe und Unzer, 144 Seiten, 16,99 Euro.

Tipp 4: Blütenträume unter Bäumen

Sie gehört zu den einflussreichsten Gärtnerpersönlichkeiten Englands: Beth Chatto (Jahrgang 1924) aus Essex hat sich einen Namen mit der Kultivierung von „Problemgärten“ gemacht. Sie hat Geröll-Wüsten in blühende Gärten verwandelt, Sümpfe bewohnbar gemacht, und in ihrem neuesten Buch stellt sie den blühenden Wald vor. In „Schattengarten“ erzählt sie von der Entstehung ihres Gartens unter hohen Bäumen. Sie ist der Natur gefolgt und hat einen traumhaften Park angelegt. Ihr Buch darüber ist eher für Gartenprofis geschrieben.

Beth Chatto: „Schattengarten: Die Pflanzen, die Jahreszeiten, die Stimmungen“. Deutsche Verlags-Anstalt, 256 Seiten, 34,99 Euro.

Tipp 5: Viele Tipps für kleine Gärten

Diesen Ratgeber für kleine Gärten hat ein Praktiker geschrieben. Er wimmelt von Tipps und leicht verständlichen Anweisungen, aus einem kleinen Flecken Erde das Beste zu machen. Ein Hinterhof braucht weiße Wände und Kletterpflanzen. Ein schmaler Schlauchgarten wirkt durch Rabatten mit geschwungenen Rändern größer. Und bei einem Dachgarten sollte man sich auf immergrüne, winterharte Pflanzen konzentrieren. Ob Beleuchtung, Gartenmöbel oder das Zementieren von Zaunpfählen – der englische Fernsehgärtner hat in dem kompakten Buch an alles gedacht.

John Cushnie: „Mini-Gärten optimal geplant“. Dorling-Kindersley-Verlag, 192 Seiten, 16,95 Euro.

Tipp 6: Hineintauchen ins Gartenglück

Garten bedeutet Glück, und dieses Buch fasst es in Worte. Wer sich in seinem Garten verlieren kann und sich selbst in Sonntagskleidung beim Unkrautzupfen ertappt, wird hier nur zu gern eintauchen. Eine Staudengärtnerin in vierter Generation erklärt uns ihren Umgang mit der Natur. Anja Maubach beschreibt ihre Gefühle, macht einfühlsame Vorschläge, zitiert Dichter und Denker. Über die Jahreszeiten fotografiert von Ferdinand Graf von Luckner fasziniert diese Praktikerin, inspiriert zu großen Gedanken und dazu, die Finger in die dunkle Erde zu stecken. Dieses als bester Garten-Bildband 2011 ausgezeichnete Werk passt in keine Schublade. Denn es gehört auf den Küchentisch, immer griffbereit, um die Gedanken schweifen zu lassen.

 Anja Maubach: „Garten ist Leidenschaft“. Blv-Buchverlag, 240 Seiten, 29,90 Euro.